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Professor Gupta hatte zu viel gearbeitet

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aaa-vignette Hello All, mit 75 war dann Schluss. Auf gut gemeintes Anraten der Fakultät hatte Prof. Gupta seinen Lehrstuhl für Vortriebstechnik im Tiefbau abgegeben. Unerträglich sei er seitdem geworden; zudem verblöde er mit Lichtgeschwindigkeit, seufzt seine Frau. Er befasse sich nur noch mit seinen Krankheiten und dem Smartphone. Der Kopf des Emeritus von Harvard University schwankt. So eine offene Respektlosigkeit seiner Frau! Vor mir, dem fremden Sitznachbarn im Flieger. Ganz offensichtlich eine weitere der Erniedrigungen, die er einstecken muss, seitdem er nicht mir ist, was er mal war. Für fast fünfzig Jahre der bewunderte Hochbegabte, der vom Erfolg verwöhnte Einwanderer – und ein allseits Geachteter. Er stiert er vor sich hin, dreht sich dann zu mir. Die Lippen scheinen Unausgesprochenes sagen zu wollen. Schließlich kommen Worte, belanglos, entschuldigend. Der Rücken, diese Rückenschmerzen. Nun könne er ohne Stock weder gehen noch länger stehen. Als Professor habe er keine Zeit gehabt für Fitness; war nicht so wichtig gewesen wie Forschung, Studenten, Gremien, Kongresse, Veröffentlichungen, die wissenschaftliche Konkurrenz, Vorträge, Auszeichnungen und Sponsorengelder einwerben. Dieses Leben war prall gewesen, wie ein Ballon. Plötzlich fühle er sich nur noch wie eine lecke Ballonhülle, die vom Himmel stürzt. Seine Frau schneidet ihm das Wort ab. Ihr Santosh habe immer geglaubt, Freizeit sei nur was für Leute, die dümmer wären als er. Wenn er wenigstens ein Hobby hätte, dem er jetzt frönen könne, das ihn wenigstens ab und zu aus dem Haus lockte, legt die alte Dame nach. Schon seltsam, sinniert der Ex- Professor, wie wenig Leute aus seinem Fach sich bei ihm noch melden würden. Schon nach einem Jahr aus der Szene – und schon keine Einladung mehr zu Konferenzen. Da machen welche den gleichen Fehler, den er gemacht hatte: Nur an wissenschaftlich Verwertbares denken, sich von der Berufung voll vereinnahmen lassen. Beim Essen schweigt seine Frau. Er erzählt erst leise, dann doziert er mit kraftvoller Stimme. Lässt das Essen, indisch- vegetarisch, unangerührt. Nicht wegen des Knies. Sondern, weil er in mir noch einmal einen Zuhörer, einen Gasthörer gefunden hat. Diesmal nicht über Vortriebstechnik im Tiefbau, sondern über die Untiefen eines zu erfüllten Berufslebens. Danke, Professor Gupta, für dieses Privatissime. Kommt bei mir etwas zu spät; ich werde es weitersagen, als Blogger.
Ihr Global Oldie


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